Studium EKIW ®

Lichtblick Nr. 19 (Dezember 2014)

Der Sühne zuflüstern - Der sanfte Weg von Ein Kurs in Wundern

Kenneth Wapnick

Die Sühne ist so sanft, dass du ihr nur zuzuflüstern brauchst, und ihre ganze Macht wird zu deinem Beistand und zu deiner Unterstützung eilen. (T-14.IX.3:2)

Einleitung: Ein sanftes Flüstern

Beim Lesen, Studieren und Anwenden von Ein Kurs in Wundern ist es immer hilfreich, sein nichtdualistisches metaphysisches Denksystem nie allzu sehr aus dem Blick verlieren. Sonst läuft man Gefahr, dem Ego und seiner Welt im Innern und Äußern eine Wirklichkeit zu verleihen, die sie nicht besitzen, und sie mit der Macht auszustatten, eine Wirkung auf unseren Geist und unser Selbst zu haben. In dieser Überzeugung spiegelt sich der Wahnsinn unseres Glaubens, dem zufolge wir recht haben und Gott unrecht hat und die Gesetze der Welt der Körper tatsächlich unser Leben bestimmen und beherrschen – all dies der einfachen Wahrheit zum Trotz, dass wir als Geist keinen Gesetzen als den Gesetzen Gottes unterstehen (Ü-I.76). Diese fehlgeleiteten Gedanken haben oft den Glauben zur Folge, das Egodenksystem der Sünde, Schuld und Angst, des Urteils und der Besonderheit sei so überwältigend, dass es übermenschlicher Anstrengungen bedürfte, um sein gigantisches Gebirge des Hasses und Todes auch nur zu ermessen, geschweige denn die sanften Hänge der himmlischen Gefilde zu erreichen, die unmittelbar hinter diesem vermeintlich so riesigen Gebirge liegen. Der folgende Artikel ist der Versuch, mit diesem schmerzbesetzten Irrtum aufzuräumen, indem er die Leichtigkeit und Behutsamkeit des im Kurs dargelegten Weges der Sühne beschreibt. Es ist der Weg der Vergebung, auf dem wir daran erinnert werden, über die winzig kleine Wahnidee zu lachen, dass wir uns je von unserer Quelle getrennt haben könnten (T-27.VIII.6:2). Durch dieses sanfte Lachen lernen wir, dass wir Gott nie verlassen haben ebenso wenig wie er uns: Keine Note im himmlischen Lied der Liebe hat sich je geändert (T-26.V.5:4).

Noch ein weiterer Hinweis, bevor wir uns auf diese kleine Reise des sanften Flüsterns begeben: Das Einzige, was wir im Zusammenhang mit dem Kurs ernst nehmen sollten, ist zu lernen, das Problem der Trennung mitsamt seiner Lösung der Sühne nicht ernst zu nehmen, wie ich im Folgenden ausführen werde. Ein sanftes Lachen über die Illusion ist dem Ego ein Dorn im Auge, so wie der Heilige Geist seinerseits lehrt, dass Ernstsein der Schlüssel zum Unglück ist. Im Textbuch heißt es: »Für das Ego sind die Schuldlosen schuldig« (T-13.II.4:2), was auf unseren Widerstand anspielt, die Schuld loszulassen, denn diese ist sowohl der Ursprung als auch die wichtigste Stütze unserer getrennten Existenz. Entgegen unserem wahnsinnigen Glauben an das, was nie geschehen ist, war die schuldbeladene Trennung und alles, was daraus folgte, nichts weiter als ein törichter Fehler, der darin bestand, den falschen Lehrer zu wählen, während die Berichtigung – die Schuldlosigkeit – die simple Entscheidung für den richtigen Lehrer ist, indem wir der Sühne sanft zuflüstern, dass ihre »Wahrheit wahr« sein möge (T-26.VII.10:3).

Ein Nicken hin zu Gott:
Die kleine Bereitwilligkeit

Doch eine winzige Bereitwilligkeit, ein Nicken hin zu Gott, ein Grüßen des Christus in dir empfindest du als eine mühevolle Bürde, lästig und zu schwer zu tragen (T-24.VI.12:4).

Trotz der Einfachheit des sanften Flüsterns der Sühne erscheint ein stilles Nicken hin zu Gott als etwas, was unsere Fähigkeiten weit übersteigt, da wir uns fast uneingeschränkt mit der Illusion identifizieren. Selbst der winzigste Ausdruck der Bereitwilligkeit, die Wahrheit wahr sein zu lassen, genügt, um uns in Panik zu versetzen, weil sie die Illusion der Trennung bedroht. Diese wird von den Schuld und Hassbastionen des Ego geschützt, und darin liegt der Reiz der besonderen Liebes- und Hassbeziehungen. Das Ego schreit uns ins Ohr, selbst ein Nicken hin zu Gott sei zu viel verlangt, es sei eine mühevolle und zu schwere Bürde. Fasziniert von unserer Individualität, die wir hätscheln, hören wir auf die Lügen des Ego und ziehen uns in die schäbige und todgeweihte Welt der Traurigkeit, des Verlustes und des Schmerzes zurück. Das ist das »Leben« des Körpers mit seinem verzweifelten Bemühen, den unausweichlichen Niedergang abzuwehren. Wir streben mit aller Macht danach, den Tod um seinen ultimativen Sieg zu bringen, indem wir tun, tun, tun. In dem Mitleid erregenden Versuch, uns Gott, unserer Identität als sein Sohn (Christus) und unseres Lebens als reiner Geist zu entledigen, glorifizieren wir die unstete Existenz des Körpers, die zwischen Freude und Schmerz, Krankheit und Gesundheit schwankt. Unser physisches Selbst, das immer im Wandel und zum Sterben verdammt ist, ist die Egoabwehr par excellence gegen die Wahrheit (Ü-I.136).

Und so leidet der Körper, sowohl physisch als auch emotional, und unsere scheinbare Rettung aus dem Leiden, das unserem Leben hier innewohnt, ist die besondere Beziehung. Dort verleiben wir uns jemand anderen oder etwas anderes ein – eine Person, eine Substanz, ein Ereignis –, um die Liebe, Unterstützung und Nahrung zu bekommen, die uns, wie wir glauben, fehlen, weil sie uns verweigert worden sind. Und überdies verleiben wir uns Gott ein, indem wir uns so verhalten, wie dieses projizierte Bild der Autorität, die wir gestohlen haben, es unserer Meinung nach von uns verlangt.

All dies erfordert, dass wir tun, tun, tun, und es ist aufschlussreich, sich klarzumachen, dass das Ego mit Tun begann. Folglich glauben wir, dass alles, was wir hier vollbringen möchten, aktive Arbeit und Anstrengung verlangt. Tatsächlich wurde der Körper gemacht, um zu tun. Betrachten wir zunächst das ganze Ausmaß an Anstrengung und Aktivität, das in der Trennung steckt: im Denken, Glauben, Fühlen und schließlich Handeln. Es kostete und kostet den Geist auch jetzt ungeheure Energie und ungeheuren Einsatz, um an die Illusion zu glauben und die Wirklichkeit zu verleugnen.

Da Ideen ihre Quelle nicht verlassen und Wahrnehmung durch Projektion erzeugt wird, ist, was wir im Innern (Geist) glauben, zwangsläufig identisch mit dem, was wir im Äußeren (Körper) erfahren. Daher ist ein Aspekt unseres Wahnsinns, dass wir als vermeintlich getrennte Personen (unsere psychophysische Identität) darauf erpicht sind, diese Anstrengung bis hin zur Erschöpfung und zum Tod weiter zu betreiben, denn dies hält die Illusion unseres getrennten Selbst aufrecht – eines Selbst, dessen Existenz wir um jeden Preis verteidigen. In weiser Voraussicht unseres Widerstands gegen seine Lehre und erlösende Botschaft, wonach wir nicht die sind, für die wir uns halten, sondern sind, was wir verleugnet haben, erwidert Jesus auf unsere Beteuerung, dass dieser Kurs für uns zu schwierig zu lernen sei und ein Bemühen erfordere, das wir nicht leisten können:

Was du dich selbst gelehrt hast, ist ein so riesenhaftes Meisterwerk des Lernens, dass es fürwahr unglaublich ist. Doch hast du es vollbracht, weil du es wolltest … Es gibt keine größere Macht in der Welt [als deine Lernfähigkeit] … Du, der du dich gelehrt hast, Gottes Sohn sei schuldig, sag nicht, du könnest die einfachen Dinge nicht erlernen, die dich die Erlösung lehrt! (T-31.I.2:7-8;3:2;4:6)

Jesus deckt mit anderen Worten die Lüge auf, wonach das Fortdauern unserer Egoexistenz der Schwierigkeit zuzuschreiben ist, sein mächtiges Denksystems in uns und den anderen um uns herum zu überwinden. Er lässt sich von den Lügen und Geschichten des Ego nicht zum Narren halten und will auch nicht, dass wir uns davon täuschen lassen. Nicht die vermeintliche Schwierigkeit ist das Problem – wie kann es schwierig sein, eine Illusion aufzuheben?, – sondern unser Unwille, das Egodenksystem loszulassen: »[Du] hast es vollbracht [zu lernen, dass die Trennung wahr ist], weil du es wolltest.« Letztlich ist es schlicht eine Frage dessen, was wir wollen: Illusion oder Wahrheit, Angst oder Liebe, Schmerz oder Freude.

Doch der Anschein der Schwierigkeit ist bei uns geblieben, und innerhalb des täuschenden Denksystems, durch das die Welt entstand, ist er verständlich. Da dieses Tun – »unser riesenhaftes Meisterwerk des Lernens« – den Beginn unserer separaten Existenz als Egos markierte und wir unseren Ursprung im Geist nie verlassen haben, wird Tun nun in der Folge auch zur Quelle unserer separaten Existenz als Körper. So ist Tun zu einem Ersatz für Sein geworden: Der reine Geist istist, das Ego tut. Daraus folgt, dass unser Leben hier aus Tun, Tun, Tun besteht, denn – um diese zentralen Grundsätze zu wiederholen – Ideen verlassen ihre Quelle nicht und Wahrnehmung wird durch Projektion erzeugt. Auch wenn die Idee des Tuns als Mittel der Trennung im Geist stets präsent ist, nehmen wir sie außerhalb in einem Körper wahr, der allem Anschein nach autonom seinem täglichen Geschäft des Überlebens, der Suche nach Lust und der Vermeidung von Schmerz nachgeht – Tun, Tun, Tun.

Wenn man bedenkt, was das Egodenksystem ist, durch das die Welt entstand, wird klar, dass der Körper gemacht wurde, um die Diktate des Geistes in Form von konkretem Verhalten auszuführen (»So wurde das Konkrete gemacht [die materielle Welt der Körper und Dinge]« – Ü-I.161.3:1). Der Zweck ist, ständig aufzuzeigen, dass das Denksystem der Trennung wahr ist: Das Tun der Trennung ist nicht nur wahr, sondern hatte auch reale Wirkungen (T-27.VIII.6:2-3).

Überdies ist dieses Tun die Wiege dessen, was vielleicht den Gipfel der Verrücktheit in unserer wahnsinnigen Logik darstellt: nämlich dass Gott sich unserem Glauben an Sünde und Schuld gebeugt (T-23.II.6-8) hat und daher die Notwendigkeit besteht, dass wir etwas tun, um seiner Rache zu entgehen. Der SchöpferSchöpfer hat unserem Wahnsinn zugestimmt, dass Sünde wirklich ist und nur durch ein Leben des Leidens und Opferns gesühnt werden kann, und sein »einzig geliebter Sohn« liefert das Beispiel und Vorbild für uns alle. Da wir gegen Gott gesündigt haben, müssen wir dies wiedergutmachen, indem wir eine Sühneleistung erbringen. Natürlich erfordert dieses Tun, Tun, Tun eine enorme und permanente Anstrengung unsererseits, weil Gottes vergeltungswütiger Zorn nie sehr weit von uns fern ist und Krankheit und Tod auf uns lauern als das, was wir zwangsläufig und zu Recht verdienen.

Auf diesen Wahnsinn, der nur den Wahnsinnigen gesund und vernünftig erscheint, hat Jesus eine einfache und unzweideutige Antwort: »Du brauchst nichts zu tun« (T-18.VIII). Wie kann es anstrengend oder schmerzbesetzt sein, das aufzuheben, was nie geschehen ist? Das Einzige, was ich von dir brauche, so bittet uns unser älterer Bruder inständig, ist »eine winzig kleine Bereitwilligkeit«, ein »Nicken hin zu Gott«, ein schlichter Wunsch, aus dem Albtraum der Existenz herauszuwollen.

Nun wirst du bloß gebeten, dass du ein anderes Ziel mit viel geringerer Wachsamkeit verfolgst, mit wenig Mühe und mit wenig Zeit … Doch eine winzige Bereitwilligkeit, ein Nicken hin zu Gott, ein Grüßen des Christus in dir empfindest du als eine mühevolle Bürde, lästig und zu schwer zu tragen. Indessen wird für die Hingabe an die Wahrheit, wie sie Gott begründet hat, kein Opfer verlangt und zu keiner Anstrengung aufgerufen; und die ganze Macht des Himmels und die Gewalt der Wahrheit selbst werden gegeben, um die Mittel zur Verfügung zu stellen und das Erreichen des Zieles zu verbürgen (T-24.VI.12:1,4-5).

Angesichts unserer wütenden Klagen, dass solch ein Prozess des Aufhebens jenseits dessen ist, was wir vollbringen können, sagt Jesus weiter:

Dieser Kurs verlangt fast nichts von dir. Man kann sich unmöglich einen Kurs vorstellen, der so wenig verlangt oder mehr anbieten könnte (T-20.VII.1:7-8).

Dieser Gedanke sollte uns ungeheuer glücklich machen, weil er uns von der mühevollen Last befreit, zu versuchen, für eine Sünde zu sühnen, die nie getilgt werden kann – wie die Schuld und das Blut auf Lady Macbeths Händen. Das Ego reagiert jedoch nicht mit Glücksgefühlen, denn seine Existenz gründet auf der Zitadelle der Sünde und Strafe. Doch Jesus verspricht uns, dass wir eines schönen Tages die Freude erleben werden zu wissen, dass unsere Sünden wahrhaft vergeben sind, weil es sie in Wirklichkeit nie gegeben hat: »Der Ausgang aber ist so gewiss wie Gott« (T-2.III.3:10).

Der Zweck des Kurses, so könnte man sagen, besteht also darin, das Kommen dieses Tages rascher herbeizuführen. Tatsächlich ist das Einzige, dessen sich der Kurs rühmt, wenn man einen solchen Egobegriff benutzen will, dass er Zeit einspart (z.B. T-18.VII.4-7). Unser Wunsch, glücklich zu sein statt recht zu haben (T-29.VII.1:9), leitet den heiligen Augenblick ein, Jesu Antwort auf den unheiligen Augenblick des Ego, in dem wir die Trennung anstelle der Sühne und das Opfern anstelle der Berichtigung wählten. Der heilige Augenblick, das Zuhause des Wunders, spiegelt das Verlangen unseres mit der Macht der Entscheidung ausgestatteten Geistes, den Egowahnsinn des Tuns, Tuns, Tuns loszulassen, durch den die Illusion der Sünde und ihre mühselige und nicht eben freundliche Sühne aufrechterhalten wird.

Der heilige Augenblick ist das Ergebnis deiner Entschlossenheit, heilig zu sein … Das Verlangen und die Bereitwilligkeit, ihn kommen zu lassen, gehen seinem Kommen voraus. Du bereitest deinen Geist nur in dem Maße auf ihn vor, wie du begreifst, dass du ihn mehr als alles andere willst. Es ist nicht nötig, dass du mehr tust; vielmehr ist es notwendig, dass du einsiehst, dass du nicht mehr tun kannst (T-18.IV.1:1,3-5).

Das oben Gesagte hilft uns, das Wesen der Vergebung, der einzigen Regel für glückliche Träume, zu verstehen: Sie »tut ganz ruhig gar nichts … Sie schaut nur und wartet und urteilt nicht« (Ü-II.1.4:1,3). Das Gleiche gilt für das Wunder:

Das Wunder tut nichts. Das Einzige, was es tut, ist, aufzuheben. Und so löscht es die Beeinträchtigung dessen aus, was getan worden ist (T-28.I.1:1-3).

Jesus bittet uns, nichts weiter zu tun als schlicht zu erkennen, dass nichts getan zu werden braucht. Durch dieses sanfte Schauen auf das Egodenksystem des Tuns – und nichts anderes bedeutet es, den Heiligen Geist um Hilfe zu bitten – endet der Graben der Trennung, zusammen mit seinen bitteren Träumen. Wir versuchen nicht, Träume zu verbessern, anzugreifen oder zu vermeiden. Sie bieten uns nichts, was wir brauchen, noch enthalten sie etwas, dem man sich widersetzen müsste. Wir tun nichts weiter als auf die Substanzlosigkeit des Ego zu schauen, ohne zu urteilen, denn nur so wird uns die Unwirklichkeit von Träumen enthüllt. Kurz gesagt und im Anklang an die obige Stelle heißt das: Wir tun nichts, wir heben auf. Selbstverständlich bezieht sich das nur auf die Einstellung des Geistes, denn der rechtgesinnte Geist kann uns als Ausdehnung seiner Liebe in der Tat zu weltlichem Handeln anleiten (T-18.VII.8; Ü-I.184.9-11).

Ein weiterer Aspekt der Vergebung ist, dass sie den Wandel von den urteilenden Wahrnehmungen des Ego zur Schau Christi spiegelt, die nur Unschuld sieht. Es sei daran erinnert, was im Kurs über Wahrnehmung gesagt wird:

Es gibt viel Verwirrung darüber, was Wahrnehmung bedeutet, weil das Wort sowohl für das Gewahrsein als auch für die Deutung des Gewahrseins verwendet wird. Doch kannst du ohne Deutung nicht gewahr sein, denn was du wahrnimmst, das ist deine Deutung (T-11.VI.2:5-6).

Wahrnehmung ist also nicht das, was wir sehen, sondern wie wir es sehen, nicht was unsere Augen unserem Gehirn melden, sondern durch welche Augen – die des Ego oder jene des Heiligen Geistes – der Geist auf das zu schauen wählt, was außerhalb von uns ist. Wahrnehmung ist Interpretation, nicht Tatsache; unsere Erfahrungen in der Welt sind nie objektiv, sondern subjektiv, denn wir sehen nur, was wir zu sehen wünschen. Wie könnte es anders sein, wenn wir bedenken, dass es außerhalb unseres Geistes, des Sitzes der Entscheidung, keine Welt gibt.

Die Welt an sich ist nichts. Dein Geist muss ihr Bedeutung geben. Und was du in ihr siehst, sind deine Wünsche, ausagiert, damit du sie anschauen und sie für wirklich halten kannst … Es gibt keine Welt losgelöst von deinen Wünschen … (Ü-I.132.4:1-3;5:1).

Mit dem Ego auf die Welt, insbesondere auf unsere persönliche Welt der Sünde, zu schauen zieht eine große Anstrengung nach sich, denn es bedeutet, auf die Verleugnung der Wirklichkeit zu schauen und etwas zu sehen, was nicht wirklich da ist. Überdies sind die Probleme, die wir sehen, buchstäblich unüberwindbar, da sie die »Tatsache« des Ego widerspiegeln, dass die Trennung nicht nur wahr, sondern auch eine Wahrheit ist, die nie verändert oder aufgehoben werden kann. Da unser Schicksal als ein vom Schöpfer getrenntes Selbst vermeintlich besiegelt ist, sehen wir, wenn wir mit dem Ego auf unser spirituelles Leben und die spirituelle Reise schauen, nichts als ein sisyphosartiges und nicht endendes Ringen, das völlig vergeblich und hoffnungslos ist. Wie kommen wir am Ego vorbei, so der Rat des Ego, außer wir bekämpfen es und sühnen für unsere physischen Sünden? Und doch ist das ein Krieg, den wir nie gewinnen werden, denn Gott wird am Ende triumphieren und durch unseren Tod das besondere Selbst zurückerobern, das rechtmäßig ihm gehört. Als Antwort auf die Überzeugung, der Sitz der Sünde sei der Körper, was einen Sühneplan zur Folge hat, bei dem wir dem sündigen Körper den Krieg erklären und ihn bekämpfen, während wir die ganze Zeit wissen, dass wir letzlich verlieren werden, sagt Jesus deshalb:

Es ist extrem schwierig, die Sühne zu erreichen, indem man gegen Sünde kämpft. Enorme Mühe wird bei dem Versuch aufgewendet, das heilig zu machen, was man hasst und verachtet [d.h. den Körper] … Doch sind die Mittel mühsam und sehr zeitaufwendig, denn sie sind alle auf die Zukunft ausgerichtet, um die Befreiung von einem Zustand gegenwärtiger Unwürdigkeit und Unzulänglichkeit zu erlangen (T-18.VII.4:7-8,11).

Das Hauptaugenmerk auf den Körper zu legen impliziert Tun, und das bedeutet gleichzeitig harte Arbeit und permanente Anstrengung – was »mühsam und sehr zeitaufwendig« ist. Aus diesem Grund fleht Jesus uns an, mit seinen Augen auf das Ego zu schauen und daran zu denken, über die winzig kleine Wahnidee zu lachen, dass wir uns je von unserer Quelle des vollkommenen Einsseins haben trennen können. Er bittet uns insbesondere, auf die furchteinflößende unheilige Dreieinigkeit des Ego von Sünde, Schuld und Angst zu schauen und als glückliches Ergebnis von Christi heiliger Schau damit so zu verfahren:

Nenne ihn [den Irrtum der Trennung] nicht Sünde, sondern Wahnsinn, denn das war er, und das bleibt er nach wie vor. Statte ihn nicht mit Schuld aus, denn Schuld besagt, dass er in Wirklichkeit vollbracht wurde. Vor allem aber: Fürchte ihn nicht (T-18.I.6:7-9).

Was könnte leichter sein? Wir werden lediglich gebeten, das Ego – in uns selbst und anderen – anzuschauen und uns klarzumachen, wie hoch der Preis ist, wenn wir einen Lehrer wie diesen wählen, der uns so konsequent in ein Leben von Schmerz, Unglück, Verlust und Tod führt. Das ist der schäbige Ersatz, den wir gewählt haben, anstelle des Friedens, der Freude und Liebe, die Jesus uns mit dem Gedanken der Vergebung anbietet, einem Gedanken, der nur darauf wartet, dass wir die richtige Wahl treffen. Vergebung wie auch die Liebe wartet auf ein Willkommen (T-13.VII.9:7). Nur das Ego macht den Prozess der Sühne schwierig, weil es uns einredet, dass Gott von uns Blut, Schweiß und Tränen verlangt, bevor er uns wieder zu Hause willkommen heißt. Im Gegensatz dazu lehrt unser geliebter Bruder:

Sei froh fürwahr, dass die Erlösung so wenig erbittet – nicht so viel. In Wirklichkeit verlangt sie nichts. Sogar in Illusionen bittet sie nur darum, dass Vergebung Angst ersetze. Das ist die einzige Regel glücklicher Träume (T-30.IV.8:4-7).

Molto adagio, pianissimo und dolcissimo

Es bedarf keiner Mühe, und du wirst so sanft geleitet, als würdest du im Sommer einen ruhigen Weg entlang getragen (T-14.IV.6:2).

Jesu bevorzugtes Tempo heißt molto adagio (sehr langsam), weil es nicht notwendig ist, dass wir uns in unserem spirituellen Leben oder auch im Alltag unter Druck setzen im Glauben, wir müssten Krieg gegen den sündigen Körper führen. Der Fortschritt auf unserer Reise mit Jesus kann in Wahrheit mühelos und frei von Spannungen sein. Es ist jedoch eine große Versuchung, mit einer Heftigkeit und einem Einsatz vorzupreschen, die eine Verstärkung der Geistlosigkeit zur Folge haben und dazu führen, dass der bedeutsame Wandel des im Geist bestehenden Denksystems von Sünde hin zur Unschuld fast endlos aufgeschoben wird. Nur die Unsicheren, die dem Ego folgen, würden ein solches Bedürfnis verspüren.

Molto adagio bezeichnet also eine Haltung und nicht unbedingt ein Verhalten, um noch einmal auf diesen wichtigen Punkt hinzuweisen. Und zu diesem Tempo füge ich hier noch pianissimo und dolcissimo (ganz leise und zärtlich) hinzu, um die Sanftheit des Weges auszudrücken, auf dem Jesus uns so behutsam nach Hause führt. Nur unser Widerstand ist es, der daraus den »Sturm und Drang« macht, der der Egowelt der Schuld, Strafe und des Schmerzes innewohnt.

Im vorigen Abschnitt war davon die Rede, dass das Ego etwas tun muss, ein Thema, das nun vertieft werden soll. Als Egos sind wir daran gewöhnt, uns unseren Weg durchs Leben zu erkämpfen, weil das Erkämpfen unseres Weges durch das LebenGott, sein vollkommenes Einssein und seine Liebe – unsere Existenz und die des Traums begründete. Aus diesem Grund erscheint es uns nur allzu natürlich zu glauben, dass wir uns durch das Ego hindurchkämpfen müssen, um geheilt zu werden und schließlich zum Himmel zurückzukehren. Und doch ist Jesu Weg für uns sanft, geduldig und still: molto adagio, pianissimo und dolcissimo. Es sei an seine Worte über Vergebung erinnert, den spezifischen Weg der Heilung von Ein Kurs in Wundern : »Die Vergebung … ist still und tut ganz ruhig gar nichts« (Ü-II.14:1, Kursive v. Verf.).

Wenn wir etwas tun, verstärken wir die vermeintliche Wirklichkeit des Ego und begehen die Kardinalsünde des Kurses, nämlich, dem Irrtum Wirklichkeit zu verleihen (L-2.I.3:3-4). Wir brauchen nichts zu tun (T-18.VII), weil es hier nichts zu tun gibt; tatsächlich gibt es kein Hier. Daher kann es keine Probleme in der Welt geben; nur den Glauben, es gebe welche. Ich erinnere noch einmal an meine Worte zu Beginn: Wir dürfen nie die nondualistische Metaphysik des Kurses vergessen, die in der Einleitung zum Textbuch prägnant mit den Worten zusammengefasst wird: »Nichts Wirkliches kann bedroht werden. Nichts Unwirkliches existiert. Hierin liegt der Frieden Gottes « (T-Einl.2:2-4, Kursive ausgelassen). Die fundamentale Unwichtigkeit des Egodenksystems und des mit ihm einhergehenden Universums brauchen nur ohne Urteil angeschaut zu werden. Jesus erinnert uns daran, über die Absurdität des Glaubens zu lachen, wir hätten uns je vom Einssein und der Liebe trennen können, und unser wahres Selbst sei durch die unwirklichen Gedanken der Trennung und Sünde bedroht (T-27.VIII.6:2).

Und so geht es um eine Gratwanderung: Wir sollten unsere Erfahrungen hier nicht verleugnen, was, wie Jesus uns sagt, besonders unwürdig und nicht hilfreich wäre (T-2.IV.3:8-13), ohne jedoch dort Macht zu verleihen, wo sie nicht existiert. Auf unsere tägliche Erfahrung bezogen, bedeutet dieses Prinzip, dass wir unsere Erfahrungen hier ungeachtet ihrer Form akzeptieren, aber der Welt – den Beziehungen, Umständen, Ereignissen und unserem Körper selbst – nicht die Macht verleihen, unserem Geist den Frieden und die Liebe Gottes zu rauben. Daher heißt es im Kurs wiederholt, dass seine Lehren einfach und leicht sind, weil sie stetig und konsequent auf den Geist deuten, in dem die Macht der Entscheidung ruht und der nur seinen Fehler zu sehen braucht. Im Zusammenhang mit den Leiden des Körpers heißt es: »Alles, was es dazu braucht, ist, dass du so auf das Problem schaust, wie es ist, und nicht auf die Weise, wie du es arrangiert hast« (T-27.VII.2:2). Solch ein nichturteilendes Schauen, die Essenz des gemächlichen Tempos der Sühne (molto adagio, pianissimo und dolcissimo), ist das Leichteste im ganzen Universum.

Wenn du gelernt hast, wie man mit Gott entscheidet, werden alle Entscheidungen so leicht und richtig wie das Atmen. Es bedarf keiner Mühe, und du wirst so sanft geleitet, als würdest du im Sommer einen ruhigen Weg entlang getragen (T-14.IV.6:1-2).

Was dieses Tempo des molto adagio möglich macht, ist die unzweideutige Botschaft der Erlösung, die die Komplexität des Ego und sein Tempo von molto agitato (sehr aufgeregt) berichtigt. Noch einmal: Das Einzige, was wir tun müssen, ist, ohne Urteil zu schauen, und Jesus unterstreicht, wie einfach das ist:

Wie könnte es eine andere Möglichkeit geben, ein Problem zu lösen, das ganz einfach ist, das aber verschleiert wird von schweren Wolken der Komplikation, dazu gemacht, das Problem ungelöst zu erhalten? Ohne die Wolken wird das Problem in seiner ganzen primitiven Einfachheit zutage treten. Die Wahl wird nicht schwer fallen, weil das Problem absurd ist, wenn es klar gesehen wird (T-27.VII.2:3-5).

Und dennoch streiten wir mit unserem Lehrer. »Wie kannst du behaupten, dass dies ein sanfter und ruhiger Weg ist, wenn meine Beziehungen mir so viel Schmerz bringen und meine Psyche und mein Körper nie aufhören, unter dem zu leiden, was Hamlet die Pfeile und Schleudern des wütenden Geschicks nennt?«

Aber Jesus hat eine gütige und sanfte Erwiderung auf unsere nicht so sanfte Beschwerde: Er verlangt nicht von uns, unsere besonderen Beziehungen in der Form aufzugeben, sondern sie zu verwandeln, indem wir ihren Zweck ändern: fort von der Schuld hin zur Vergebung, fort vom Urteil hin zur Schau:

Ich habe wiederholt gesagt, dass der Heilige Geist dir deine besonderen Beziehungen nicht entziehen, sondern sie umwandeln möchte. Damit ist nur gemeint, dass er ihnen die Funktion zurückerstatten wird, die ihnen von Gott gegeben wurde (T-17.IV.2:3-4).

Diese Funktion ist die Vergebung, die den Zweck der Beziehung ändert: wir verlernen die Unheiligkeit der Schuld und erlernen die Unschuld der heiligen Beziehung. Was könnte leichter sein, als uns selbst zu sagen, dass wir nicht mehr mit der Schuld- und Urteilslast der besonderen Beziehung leben wollen, sondern stattdessen den Frieden und die Freude der Beziehung der Vergebung wollen? Dieser schlichte Geisteswandel ändert tatsächlich die Welt unserer Wahrnehmung. Wenn wir die vom Heiligen Geist ausgesandten Boten der Liebe wählen statt der Egoboten der Angst, wird »die Welt … vor [unseren] Augen umgewandelt sein, von aller Schuld gereinigt und von der Schönheit sanft überhaucht«(T-19.IVA.15:2). Schließlich hören wir die leise, ruhige Stimme, die uns sanft ins Ohr flüstert, dass wir einfach nur einen Fehler begangen haben, als wir dem Ego glaubten. Fehler rufen nach Berichtigung und sind keine Sünden, die Bestrafung verlangen. Wenn wir die Arroganz der falschen Demut des Ego beiseite legen, kann unser verwandelter Geist die Worte vernehmen und akzeptieren, die Jesus an uns alle richtet und die die Herrlichkeit unseres Selbst spiegeln:

Es gibt ein Licht in dir, welches nicht sterben kann, dessen Gegenwart so heilig ist, dass die Welt geheiligt ist um deinetwegen. Alle Lebewesen bringen dir Gaben und legen sie in Dankbarkeit und Freuden dir zu Füßen. Der Blumen Duft ist ihre Gabe an dich. Die Wellen neigen sich vor dir, und die Bäume breiten ihre Zweige aus, um dich zu schützen vor der Hitze, und legen ihre Blätter vor dir auf den Boden, auf dass du weich gehen mögest, dieweil der Wind zu einem Säuseln um dein heiliges Haupt verebbt (Ü-I.156.4).

Wir halten jetzt einen Augenblick inne, und in der Stille unserer Vergebung spüren wir das Stilleschweigen des Himmels in unserem Herzen, das uns leise zum Ende der Reise ruft. Doch werden wir antworten?

Das Stilleschweigen des Himmels

Im Himmel ist ein Stilleschweigen, eine glückliche Erwartung, eine kurze frohe Pause im Anerkennen, dass die Reise nun zu Ende ist (T-19.IV-A.6:1).

Auch wenn das Ende der Reise unwiderstehlich nah ist, wartet es dennoch auf unsere letztgültige und eindeutige Entscheidung. Trotz der Anziehungskraft, die die liebevolle Einladung des Himmels auf uns ausübt, von unseren Höllenträumen der Sünde zu erwachen, kämpfen wir gegen die Anziehungskraft der Wahrheit und suchen danach, ihre sanfte Stimme mit dem rauen Geschrei der Schuld und des Hasses zu übertönen, das vom Ego kommt. Da unsere Angst so groß ist, spricht Jesus zu uns von indirektem Lernen:

Das Aufheben ist indirekt, genauso wie das Tun. Du wurdest nur erschaffen, um zu erschaffen und weder um zu sehen noch um zu tunSeine [des Heiligen Geistes] Botschaft ist nicht indirekt, doch muss er die einfache Wahrheit in ein Denksystem einführen, das so verdreht und so komplex geworden ist, dass du seine Bedeutungslosigkeit nicht sehen kannst. Er schaut lediglich dessen Fundament an und verwirft es. Du aber … kannst nicht durch es hindurchsehen (T-14.I.4:3-4;5:2-4; Kursive v. Verf. außer in 4:3).

Die Angst, das individuelle und besondere Selbst zu verlieren, das unsere persönliche Identifikation darstellt, ist so groß, dass wir Widerstand dagegen leisten, die einfache Sühnebotschaft der Liebe direkt zu lernen: Gott ist, und es gibt nichts anderes. Wir brauchen daher indirekte Äußerungen oder Reflexionen dieser Wahrheit. Das sind die gütigen und sanften Träume der Vergebung:

So schrecklich ist der Traum, so scheinbar wirklich, dass er nicht ohne Angstschweiß und einen Schrei der Todesangst zur Wirklichkeit erwachen könnte, wenn nicht ein sanfterer Traum seinem Erwachen vorausgehen und es seinem ruhigeren Geist erlauben würde, die Stimme willkommen zu heißen und nicht zu fürchten, die mit Liebe ruft, ihn aufzuwecken … (T-27.VII.13:4).

In diesen sanften Träumen unserer tagtäglichen Erfahrungen zeigt uns unser Lehrer, dass das, was wir im Äußeren wahrnehmen, nichts weiter als die projizierten Gedanken des Geistes sind, denen zu vertrauen wir vorher gewählt haben (z.B. T-21.Einl.1:1-5; Ü-I.23.3:1-2). Das hilft uns zu begreifen, dass die Art und Weise, wie wir einen anderen wahrnehmen, identisch damit ist, wie wir uns selbst wahrnehmen. Warum möchten wir uns entscheiden, in der Hölle zu bleiben, um unsere Angriffe auf jemanden zu rechtfertigen, der dasselbe ist wie wir? Wie verschieden wir auch als Körper zu sein scheinen, in Wahrheit ist unser Geist derselbe: Jeder, der hierher kommt, hat dieselbe Falschgesinntheit, dieselbe Rechtgesinntheit und dieselbe Macht der Entscheidung.

Diese berichtigte oder geheilte Wahrnehmung, Christi Schau, löst das raue Geschrei des Ego auf und öffnet unsere Ohren für die leise, ruhige Stimme, die wir so lange verleugnet haben. Sanft wird das Stilleschweigen des Himmels hörbar, wenn wir den Heiligen Geist flüsternd um Hilfe bitten und unsere Bereitwilligkeit zum Ausdruck bringen, hinter den rasenden und fieberhaften Geräuschen der Liebe und des Hasses die Sanftheit des Hilferufs zu hören, der von jedem hier ergeht. Der Schlüssel zu unserer Übungspraxis des indirekten Lernens ist die Güte, denn nur sie hebt die Blockade in unseren Ohren auf und reinigt sie vom Störgeräusch des Urteils, sodass wir in unseren früheren Liebes- und Hasspartnern ihren klagenden Ruf, nach Hause zu wollen, hören können.

Auf unserer Reise mit Jesus ist es höchst wichtig, uns klarzumachen, dass der Himmels uns nicht als Händels Halleluja entgegenkommt mit strahlenden Trompeten und Engelchören, die ihr Halleluja in freudigem Willkommen singen. Vielmehr vernehmen wir das Gewisper der Sühne, in der sich das Gewisper unserer kleinen Bereitwilligkeit zu hören spiegelt. Da wir hier nicht in der Lage sind zu lieben – eine Liebe ohne Ambivalenz ist in dieser Welt der Körper nicht möglich (T-4.III.4:6) –, brauchen wir ihre irdische Widerspiegelung in Form der Vergebung (Ü-I.60.1:4-5), die uns liebevoll zu dem Gott führt, den wir nie verlassen haben. Das sind, wie schon erwähnt, die glücklichen und nicht urteilenden Träume, die uns am Ende aufwecken werden:

Träume sanft von deinem sündenlosen Bruder, der sich in heiliger Unschuld mit dir vereint. Und aus diesem Traum wird der Herr des Himmels selbst seinen geliebten Sohn erwecken (T-27.VII.15:1-2).

Was müssen wir tun, um alle Gedanken der Sünde aus unserem heiligen Geist zu tilgen? Nichts. Wir schauen einfach gütig auf einen, der das verhasste Objekt der verschobenen Schuld unseres Geistes war. Mithilfe der Vergebung sehen wir, dass unser Ärger (projizierte Schuld) erfunden war – die hasserfüllte Ego-Interpretation dessen, was in Wahrheit der Hilferuf unseres Bruders war, um zu lernen, dass ihm vergeben ist –, und dasselbe gilt für unsere Schuld. Wir sind nicht Söhne Gottes in Sünde und Schuld, sondern seine Söhne in Heiligkeit und Liebe. Verschwunden sind nun die disharmonischen Höllenklänge des Ego, ersetzt durch das süße Lied des Himmels, das unsere Ohren von der Schuld reinigt und uns erlaubt, den Herzschlag des Himmels in uns selbst und der ganzen Sohnschaft deutlich zu vernehmen, ohne Ausnahme. Das Ego und sein Denksystem der Trennung, Sünde und Besonderheit sind lediglich ohne Urteil angeschaut worden, und das leise Lächeln der Sühne heißt das Stilleschweigen des Himmels in unserem Herzen willkommen, aus dem es niemals mehr fortgeht.

Und so beten wir freudig zu unserem Vater, dass wir vom Fortgehen nur geträumt haben, und sind dankbar für seine Liebe, die niemals aufgehört hat, sich ihren Weg durch die Wolken der Unwissenheit und des Vergessens in uns zu bahnen. Jetzt haben wir unsere Wohnstatt im friedlichen Schweigen unseres Geistes bezogen, das uns die Unschuld wieder schenkt, die wir verloren zu haben glaubten und die uns still zu unserer ewigen Ruhe bringt. Voller Freude hören wir, wie diese Worte sich in der Stille unseres dankbaren Herzens Bahn brechen:

Mein Herz wird von des Himmels Stille
heut umfangen.

Vater, wie still es heute ist! Wie leise finden alle Dinge ihren Platz! Dies ist der Tag, der als der Zeitpunkt ausgewählt ward, an dem ich endlich die Lektion verstehe, dass keine Notwendigkeit besteht, dass ich irgendetwas tue. In dir ist jede Wahl bereits getroffen. In dir ist jeglicher Konflikt gelöst. In dir ist alles, was ich zu finden hoffe, mir bereits gegeben. Dein Frieden ist der meine. Mein Herz ist still, und mein Geist ist ruhig. Deine Liebe ist der Himmel, und deine Liebe ist die meine (Ü-II.286.1).

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