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Kurzbetrachtungen

Falschgesinntheit: Das Denksystem des Ego

Die beiden für das Verständnis von Ein Kurs in Wundern entscheidenden Denksysteme werden als Falschgesinntheit und Rechtgesinntheit bezeichnet. Falschgesinntheit kann mit dem Ego gleichgesetzt werden. Rechtgesinntheit ist mit dem Denksystem des Heiligen Geistes identisch, der Vergebung. Das Denksystem des Ego ist kein sehr angenehmes. Der Kurs legt deutlich dar, dass das Denksystem des Ego und auch dasjenige des Heiligen Geistes in sich selbst vollkommen logisch und konsequent sind. Zudem schließen sie sich gegenseitig aus. Es erweist sich jedoch als hilfreich, die Logik des Egosystems genau zu verstehen, denn es ist sehr logisch. Wenn Sie erst einmal diesen logischen Aufbau begreifen, dann wird dies sehr vieles im Text verständlich machen, was sonst unklar erscheint.

Sünde, Schuld und Angst

Es gibt drei Schlüsselbegriffe, um das Denksystem des Ego zu verstehen. Es sind die Grundbausteine des ganzen Systems: Sünde, Schuld und Angst. Immer wenn Sie das Wort »Sünde« im Kurs vorfinden, können Sie es durch das Wort »Trennung« ersetzen, weil die beiden Begriffe identisch sind. Die Sünde, deren wir am meisten schuldig sind und die die letztendliche Quelle all unserer Schuld bildet, ist die Sünde, an eine Trennung von Gott zu glauben – die Thematik, die ich gerade eben beschrieben habe. Das entspricht in etwa dem, was die Kirche als »Erbsünde« gelehrt hat. Die Beschreibung im dritten Kapitel Genesis gibt eine perfekte Darstellung von der Geburt des Ego, worauf im ersten Abschnitt des zweiten Textbuchkapitels Bezug genommen wird (T-2.I.3-4).

Der Anfang des Ego liegt also im Glauben, dass wir uns von Gott getrennt haben, und darin besteht die Sünde. Sie ist die Überzeugung, uns von unserem Schöpfer getrennt und ein Selbst hergestellt zu haben, das von unserem wahren Selbst getrennt ist. Das Selbst ist synonym mit Christus. Immer wenn Sie das Wort »Selbst« in Kapitälchen gedruckt finden, können Sie es durch »Christus « ersetzen.

Wir meinen, ein Selbst hervorgebracht zu haben, das unsere wahre Identität ist und unserem wirklichen Selbst wie auch Gott gegenüber autonom ist. Hier liegt der Anfang aller Probleme auf der Welt: im Glauben nämlich, dass wir von Gott getrennte Individuen sind. Sobald wir meinen, diese Sünde begangen zu haben, oder überhaupt glauben, gesündigt zu haben, ist es psychologisch unausweichlich, dass wir uns anschließend für das schuldig fühlen, was wir vermeintlich getan haben. In einem gewissen Sinn kann Schuld als die Erfahrung definiert werden, gesündigt zu haben. Wir können im Grunde also Sünde und Schuld synonym benutzen. Sobald wir annehmen, gesündigt zu haben, können wir nicht umhin, uns für schuldig zu halten und das zu empfinden, was wir als Schuld bezeichnen.

Wenn Ein Kurs in Wundern über Schuld spricht, benutzt er das Wort anders als im gewöhnlichen Sprachgebrauch. Bei Letzterem schwingt immer die Assoziation mit, dass man sich für das schuldig fühlt, was man getan oder unterlassen hat. Schuld ist immer an konkrete Ereignisse aus unserer Vergangenheit geknüpft. Aber diese bewussten Erfahrungen von Schuld gleichen nur der Spitze eines Eisbergs. Bei einem Eisberg liegt eine riesige Masse unter der Meeresoberfläche. Sie repräsentiert hier, was Schuld ist. Schuld ist die Summe aller negativen Gefühle und Überzeugungen, die wir uns selbst gegenüber hegen, und aller negativen Erfahrungen, die wir mit uns selbst gemacht haben. Schuld kann sich also in Form von Selbsthass oder Selbstablehnung äußern, in Gefühlen von Inkompetenz, Versagen und Leere oder in dem Gefühl, dass es uns innerlich an etwas mangelt, dass etwas fehlt oder unvollständig ist.

Der größte Teil dieser Schuld liegt im Unbewussten. Deswegen ist das Bild eines Eisbergs so hilfreich. Die meisten der Erfahrungen, die anzeigen, für wie schlecht wir uns wirklich halten, befinden sich unterhalb der Bewusstseinsschwelle, was sie natürlich praktisch unzugänglich für uns macht. Die eigentliche Quelle all der Schuld ist der Glaube, dass wir durch die Trennung gegen Gott gesündigt haben. Als Folge begreifen wir uns als getrennt von allen anderen und von unserem Selbst.

Sobald wir uns schuldig fühlen, können wir nicht umhin, Bestrafung für das zu erwarten, was wir unserer Meinung nach an Schrecklichem getan haben, wie auch dafür, dass wir so furchtbare Kreaturen sind. Wie der Kurs lehrt, verlangt Schuld immer nach Bestrafung. Fühlen wir uns erst einmal schuldig, dann werden wir glauben, für unsere Sünden bestraft werden zu müssen. Psychologisch gibt es keine Möglichkeit, diesen Schritt zu vermeiden. Also haben wir dann Angst. Alle Angst, unabhängig von ihrer scheinbaren Ursache in der Welt, kommt von dem Glauben, dass wir für unsere Handlungen oder Unterlassungen bestraft werden sollten. Anschließend fürchten wir uns davor, wie die Strafe aussehen wird.

Da wir Gott als denjenigen ansehen, gegen den sich unsere eigentliche Sünde richtet, wobei die Sünde in der Trennung besteht, glauben wir nun, dass Gott selbst uns strafen wird. Wenn Sie bei der Lektüre der Bibel auf all die furchtbaren Stellen über den Zorn und die Rache Gottes stoßen, so liegt deren Ursprung in dieser Überzeugung. Das hat nichts mit der Wirklichkeit Gottes zu tun, denn Gott ist nur Liebe. Es stammt ausschließlich von der Projektion unserer Schuld auf ihn. Nicht Gott verstieß Adam und Eva aus dem Garten Eden, sie warfen sich selbst hinaus.

Sobald wir glauben, gegen Gott gesündigt zu haben, was bei uns allen der Fall ist, müssen wir vonseiten Gottes auch eine Bestrafung erwarten. Der Kurs spricht über die vier Hindernisse vor dem Frieden. Das letzte Hindernis ist die Angst vor Gott (T-19.IV-D). Selbstverständlich haben nur wir selbst, als wir anfingen, uns vor Gott zu fürchten, den Gott der Liebe in einen Gott der Angst, des Hasses, der Bestrafung und der Rache verwandelt. Das entspricht ganz den Wünschen des Ego. Sobald wir Schuldgefühle entwickeln, ganz gleich, aus welchem Grund, glauben wir nicht nur, dass wir tatsächlich schuldig sind, sondern auch, dass Gott uns töten wird. So verwandelt sich Gott, unser liebevoller Vater und einziger Freund, in unseren Feind. Ihn zum Feind zu haben ist zweifellos nicht gerade angenehm. Hier liegt also der Ursprung der Überzeugung, die Ihnen in der Bibel oder anderswo begegnet, dass Gott ein strafender Vater sei. Ihn für einen solchen zu halten heißt, ihn dieselben Egoqualitäten zuzuschreiben, die wir haben. Wie Voltaire einmal sagte: »GOTT schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, und dann gab der Mensch das Kompliment zurück.« Der Gott, den wir uns geschaffen haben, ist in Wirklichkeit das Abbild unseres eigenen Ego.

Kenneth Wapnick, Einführung in Ein Kurs in Wundern, S. 41ff

 

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